Kind liest Buch.

Mein Kind ist kurzsichtig

Mein Kind ist kurzsichtig!

Die weltweit häufigste Form der Fehlsichtigkeit ist heutzutage die Kurzsichtigkeit, auch Myopie genannt.

 

Die halbe Welt wird kurzsichtig

Es geistern scheinbar dramatische Zahlen durch die Medien, die sich mit dem Zuwachs der Kurzsichtigkeit befassen. Man spricht schon fast von einer «Epidemie». Fakt ist jedoch, dass die WHO zusammen mit dem Brian Holden Institut aus Australien errechnet hat, dass bis zum Jahr 2050 etwa die Hälfte der Erdbevölkerung kurzsichtig sein wird.

Ein Drittel der europäischen Kinder wird kurzsichtig

Die starke Verbreitung der Myopie, die man aus Teilen Asiens kennt, wo 69% der 15-Jährigen kurzsichtig sind, sehen wir in den westlichen Ländern noch nicht.

Die Kurzsichtigkeit hat aber auch zweifelsohne in Europa zugenommen. Es gibt eine Verdoppelung der kurzsichtigen Kinder innerhalb einer Generation. In Europa wird ein Drittel der Kinder kurzsichtig sein, wenn sie die Schulzeit abgeschlossen haben.

Macht eine längere Ausbildung unsere Kinder kurzsichtiger?

Schüler im Unterricht.

Wer viel liest und hauptsächlich in die Nähe schaut, wird eher kurzsichtig. Das lässt der Schluss zu, dass eine längere Ausbildung bzw. Studium kurzsichtiger macht.

Für jedes Jahr Ausbildung kann man im Mittel 0,3 dpt. (Dioptrien*) kurzsichtiger werden. Statistisch signifikant ist der Einfluss der Nahsicht jedoch nur bei kontinuierlichem Lesen ohne Pause länger als 30 Minuten täglich. Hochsignifikant wird der Einfluss von Lesen im Abstand unter 30 cm.  

*Dioptrien (Abkürzung dpt.) ist die Masseinheit der Brillengläser bzw. der Kontaktlinsen; sie gibt die Korrektur an.

Warum ist eine hohe Kurzsichtigkeit nicht gut?

Wenn ein Kind bereits in frühen Jahren kurzsichtig wird, besteht die Gefahr, dass es in eine hohe Kurzsichtigkeit rutscht. Man spricht bereits ab -5.0dpt. von einer hohen Kurzsichtigkeit.

Einerseits benötigt das Kind bei einer fortschreitenden Kurzsichtigkeit immer stärkere Brillengläser. Andererseits wächst das Auge durch jede Dioptrie, um die ein Kind kurzsichtiger wird, in die Länge. Mit dem Auge dehnt sich natürlich auch die Netzhaut mit. Die Netzhaut (Retina) empfängt die Lichtreize, wandelt die Lichtreize in Nervenströme um und leitet diese zum Gehirn weiter. Somit hat die Netzhaut eine wichtige Aufgabe im kompletten Sehprozess.  

Durch jede zusätzliche Dioptrie erhöhen sich die Risiken für zukünftige Augenerkrankungen dramatisch. Folgende Augenerkrankungen können deswegen im Alter auftreten:

  • Glaukom (grüner Star = hoher Augendruck)
  • Katarakt (grauer Star = Linsentrübung)
  • Netzhautablösung
  • Makuladegeneration (Makula = zentraler Ort auf der Netzhaut)

Anhand der Tabelle erkennt man das erhöhte Risiko für diverse Augenerkrankungen:

Beispiel:
Eine Person mit -6.0dpt. hat ein um 3.3 fach erhöhtes Risiko am grünen Star (hoher Augendruck) zu erkranken und ein 40.6 fach erhöhtes Risiko für eine Makuladegeneration.

Risikofaktoren für eine Kurzsichtigkeit

Die Genetik spielt eine kleinere Rolle als Risiko für eine Kurzsichtigkeit. Was aber eine Kurzsichtigkeit begünstigt ist folgendes:

  • ein Elternteil oder beide sind kurzsichtig
  • weniger als 10cm Entfernung zum Buch, Handy, Tablet etc.
  • mehr wie 2Std. am Tag lernen/spielen in der Nähe
  • wenig als 1.5Std. draussen am Tageslicht spielen
      

Testen Sie jetzt das Risiko einer hohen Kurzsichtigkeit bei Ihrem Kind.

 

Ist das iPad & Co schuld?

Smartphone, iPad oder Tablet, fast alle haben so ein Gerät im Einsatz. Viele Kinder benutzen es täglich. Manche Schulen verlangen heutzutage, dass Kinder eines für den Unterricht besitzen. Es wäre aber zu leicht, dem iPad & Co die Schuld alleine zu geben.

Hauptverantwortlich ist das Sehen in der Nähe. Ob Lesen, Schreiben, Spielen, Erlernen eines Musikinstruments oder Computerspiele, diese Nahtätigkeiten erhöhen die Anforderungen an die Augen. Besonders bei Kindern, deren Augen dazu neigen, in sehr nahem Abstand nicht richtig zu fokussieren, führt dies zu einer stetigen Zunahme der Kurzsichtigkeit, weil das unscharfe Bild im peripheren Bereichen des Augenhintergrunds, die Zunahme der Augenlänge und somit auch die Kurzsichtigkeit fördert.

Geht raus und spielt draussen

Kinder draussen am spielen.

Studien zeigen, dass Sonnenlichtmangel eine wichtige Rolle bei der Entstehung einer Kurzsichtigkeit des Auges hat, und dass gerade bei Kindern unter 7 Jahren der Aufenthalt im Freien am effektivsten und wichtigsten ist. Wobei nicht der UV-Anteil wichtig ist, sondern das Tageslicht.

Ca. zwei Stunden täglich am Tageslicht verbringen, halbiert das Risiko für das Auftreten von Kurzsichtigkeit.

Der genaue Mechanismus ist noch nicht klar, jedoch steht das sogenannte Dopamin derzeit mit Augenwachstum im Zusammenhang.

In anderen Ländern werden die Mittagspausen im Freien verbracht oder die Lehrer geben weniger Hausaufgaben, damit mehr Zeit für draussen bleibt.

Drei einfache Tipps

Wir sprechen von der sogenannten visuellen Hygiene. Folgende Tipps können ganz einfach umgesetzt werden:

  • Optimale Lesedistanz einhalten. Es gilt: Handinnenfläche auf Backe. Unten beim Ellenbogen sollte sich nun das Buch oder Tablet befinden. Siehe Foto unten.
  • 20/20/20 Regel: Alle 20 Minuten von der Nahtätigkeit aufblicken und für 20 Sekunden ein Objekt in mehr als 20 Meter Distanz anschauen.
  • Jeden Tag mindestens 90 Minuten im Freien verbringen. Die Idealzeit ist zwischen 08.00 und 14.00 Uhr
Kind schaut mit Abstand einer Unterarmlänge auf ein Tablet.

Die Singapur – Sidney Studie

In der Studie ging es um sechs bis sieben Jahre alte Kinder aus Singapur, welche mit gleichaltrigen australischen Kindern verglichen wurden. Während bei den Kindern aus Singapur 29% schon eine Brille brauchten, waren es bei den Australiern nur 3,3%. Ähnliche Werte ergaben sich beim Vergleich von chinesisch stämmigen Kindern in beiden Ländern, womit die ethnische Herkunft als Ursache für Kurzsichtigkeit ausgeschlossen ist.

Beide Vergleichsgruppen unterschieden sich stark in ihrem Freizeitverhalten: Die Kinder aus Singapur verbrachten durchschnittlich eine halbe Stunde am Tag im Freien, bei den Australiern waren es durchschnittlich zwei Stunden. Beide Gruppen verbrachten etwa gleich viel Zeit mit Lesen, Fernsehen oder Computerspielen.

Kann man die Kurzsichtigkeit STOPPEN?

Unsere Erfahrung zeigt, dass der Verlauf der Kurzsichtigkeit bei vielen Kindern signifikant beeinflusst werden kann. Weil aber jedes Auge anders reagiert, bleibt nur das selber Ausprobieren.

Derzeit gibt es drei Möglichkeiten zum Management der Kurzsichtigkeit:

  • Kontaktlinsen
  • Pharmakologische Mittel
  • Brillengläser

Kontaktlinsen

Bei Kontaktlinsen werden folgende zwei Möglichkeiten angeboten:

  • Spezielle weiche Kontaktlinsen
  • Orthokeratologie Kontaktlinsen

Bei den speziellen weichen Kontaktlinsen handelt es sich um Mehrstärkenkontaktlinsen. Diese Linsen korrigieren im Zentrum die Ferne und am Rand weisen sie eine andere Stärke auf. Das Kontaktlinsentragen für Kinder ist sicher und die grosse Mehrheit von ihnen hat keine Probleme, sich diese selbst auf- und abzusetzen.

Mittlerweile sind Tages-, 1/3/6-Monats- und Jahreslinsen für die sogenannte Myopie-Prävention erhältlich.

Spezieller ist die Orthokeratologie oder kurz Ortho-K Linse. Ähnlich wie Zahnspangen werden diese Kontaktlinsen zur Korrektur über Nacht getragen. Über Nacht korrigiert die Kontaktlinse die Kurzsichtigkeit indem die Hornhaut abgeflacht wird. Durch die «neue Form» der Hornhaut wird ein Fortschreiten der Myopie reduziert. Ortho-K-Kontaktlinsen haben den Vorteil, dass sie von den Eltern vor dem Schlafen eingesetzt und am Morgen herausgenommen werden. Somit kommt das Kind während des Tages ohne Sehhilfe aus.

Pharmakologische Mittel

Das aus der Tollkirsche gewonnene Atropin kann auch zur Myopie-Prävention eingesetzt werden. Das Atropin – übrigens ein Nervengift – hat in Studien vielversprechende Ergebnisse gezeigt und wird auch im deutschsprachigen Raum zur Myopiekontrolle genutzt. Die Nebenwirkungen beim niedrig dosierten Atropin von 0.01% sind sehr gering.

Brillengläser

Zur Kontrolle der Kurzsichtigkeit entwickeln auch die Glashersteller Produkte. Es gibt momentan wenige Brillengläser die funktionieren. Das Produkt der Firma HOYA heisst MiYOSMART und wurde seit mehreren Jahren im asiatischen Raum getestet. Seit 2020 wird es auch in der Schweiz mit Erfolg eingesetzt.

Hier bekommen Sie mehr Infos über die MiYOSMART Brillengläser

Fazit

Die Zunahme der Kurzsichtigen scheint mit all dem zu tun zu haben, was Kinder heutzutage machen. Der schon in immer jüngerem Alter zunehmende Bildungsdruck und die oft reduzierte Zeit im Freien sind zum Grossteil mitverantwortlich. Die einfache Lösung nur das iPad & Co zu verbieten löst also nicht die Probleme.

Die Kinder sollen nicht pausenlos auf dieselbe kurze Distanz schauen. Pausen machen, den Blick in die Ferne schweifen lassen. Auch wenn es nicht täglich zwei Stunden sein können, aber lasst die Kinder draussen am Tageslicht spielen.

Die Kinderaugen sollten regelmässig beim Augenarzt oder Optiker kontrolliert werden.

Bitte vergesst nicht, es geht um die Risiken im Alter, für zukünftige Augenerkrankungen eurer Kinder, wegen einer hohen Kurzsichtigkeit.

Es gibt gute Möglichkeiten mit Kontaktlinsen, um die ansteigende Kurzsichtigkeit im jungen Alter in den Griff zu bekommen. Wir von Import Optik beraten Sie gerne und zeigen Ihnen unsere Möglichkeiten auf.

verfasst von Mario Bucher (Eidg. dipl. Augenoptiker und Marketingleiter)

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